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Drang nach Aufstand

Dienstag 15. Juni 2010

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„ Irgendetwas muss sich ändern“, hört man sagen. Die Aufstände in der arabischen Welt und die nukleare Katastrophe von Japan haben einerseits die Möglichkeit, andererseits die Notwendigkeit sich gegen die Interessen der Machthaber aufzulehnen, bei einigen wieder ins Bewusstsein gerufen. Aber machen wir uns keine Illusionen: bedeutet dieses „Irgendetwas“ nicht bloss, anstatt endlich jegliche Unterdrückung zu beseitigen, sie unter demokratischer Fassade neu einzurichten? Bedeutet es nicht bloss, anstatt endlich den nuklearen Wahn zu beenden, ihn mit Gerede über Sicherheit und Energiebedarf zu überhäufen, bis er wieder vergessen ist?

„Irgendetwas“ muss sich ändern. Das haben auch jene begriffen, die von der Unterdrückung profitieren. Bald war den westlichen Staaten klar, das sich die nordafrikanischen Diktatoren nicht mehr halten können, mit denen man bis vor kurzem noch Hände schüttelnd in die Kameras grinste. So schien es ihnen für die Stabilität des Ölhandels und der Migrationsverwaltung vorteilhafter, die demokratischen Oppositionsführer zu unterstützen – wenn nötig mit militärischer Gewalt. Diese neuen Führer, die den Aufständischen Forderungen in den Mund legten, betrogen jene, die Polizeiposten, Gerichte, Gefängnisse und Parteibüros zerstörten, um die Freiheit, für die sie so voller Wut, Freude und Mut alles riskierten. Freiheit nämlich, wenn es nach uns geht, beginnt mit der Beseitigung aller Einrichtungen des Zwangs und hat weder mit Diktatur, noch mit Demokratie, noch mit irgendeiner Form von Staat irgendetwas zu tun, sondern vielmehr mit der Abwesenheit jeglicher Autorität: mit der unmittelbaren Selbstbestimmung über jeden Moment unseres Lebens. Und davon sind wir, im Maghreb sowie hier in der Schweiz, meilenweit entfernt.

„Irgendetwas“ muss sich ändern, erzählen uns auch die Öko‘s und grünen Kapitalisten. Sie wollen uns erneuerbare Energien und Bioprodukte als “Alternative“ zu Atomkraft und Umweltzerstörung verkaufen, während das Fortbestehen dieser durch und durch industrialisierten Gesellschaft unangetastet bleiben soll. Sie wollen uns glauben machen, diese Welt, mit ihrer immensen Warenproduktion, ihrer Geschwindigkeit, ihrem Leistungsdruck und ihrer Profitgier, diese Welt, die sich seit jeher auf die Unterdrückung und Ausbeutung des Lebens stützt, wäre eine heile Welt, wenn sie doch nur von Windrädern und Solar­panels angetrieben würde. Nein, die Frage der AKW‘s ist keine Energiefrage. Es interessiert uns nicht, wie diese Welt alternativ versorgt werden könnte. Wir wollen sie doch gar nicht. Uns interessiert, wie jegliche Unterwerfung der Menschen beseitigt werden kann, und dabei stehen uns die AKW‘s im Wege – gerade weil sie für die Interessen der Mächtigen und den kapitalistischen Expansionsdrang so “unentbehrlich“ sind. Sie sind es, die diese erdrückende Megamaschine am Laufen halten sollen. Wenn auch zum Preis einer radioaktiven Verseuchung. Sie machen uns zu Geiseln irgendwelcher Experten, die mit Dingen hantieren, die niemand versteht, aber alle betreffen (inwiefern, haben wir von Tscheljabinsk, Three Mile Island, Tschernobyl, Tokaimura bis Fukushima deutlich genug gesehen). Wir denken nicht, das es notwendig ist, auf eine hiesige Atomkatastrophe zu warten, um zu revoltieren und mit Recht zu behaupten: „Die herrschenden Lebensbedingungen ersticken uns!“

„Irgendetwas†muss sich ändern, in der Tat. Aber wenn dies wirklich passieren soll, dann durch nichts und niemand, als durch unsere eigenen Hände, durch uns, die wir es satt haben, uns zu unterwerfen und die Entscheidungen anderen zu überlassen, und dann ist dieses „irgendetwas“ nicht irgendetwas, sondern alles!

Der „arabische Frühling“ und die „japanische Dämmerung“ bringen für uns nichts anderes als die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer alten Sache wieder auf den Tisch: jene der sozialen Revolution.


Wir wollen nicht nur das Ende der Diktaturen
Wir wollen das Ende aller Staaten, denn die Logik von Autorität, sei sie faschistisch, sozialistisch oder demokratisch, hält uns schon seit jeher von der Erfahrung wirklicher Freiheit ab.

Wir wollen nicht nur die Abschaltung der AKWs
Wir wollen die Abschaltung dieses Systems, denn es sind unsere Lebensweisen, unsere Werte, unsere Gewohnheiten und unsere Gleichgültigkeit, die solche Monströsitäten hervorbringen.

Das PDF des Plakats in hoher Auflösung kann hier heruntergeladen werden.

Der Text im Flyer-Format hier.

An die Waisen des Existierenden